Bei Mietminderung wegen Lärm ist kein Lärmprotokoll erforderlich

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Wenn ein Mieter durch Lärm wesentlich beeinträchtigt wird, ist er grundsätzlich zur Mietminderung berechtigt.

Die Mietminderung tritt kraft Gesetzes ein. Sie ist nicht von der Zustimmung des Vermieters abhängig und muss auch nicht von diesem genehmigt werden.

Mindert ein Mieter wegen Geräuschbelästigung die Miete und bestreitet der Vermieter die Lärmbelästigung, muss der Mieter die Intensität und Häufigkeit des Lärms beweisen.

VORSICHT! Kann der Mieter diesen Beweis nicht führen, gilt die Miete als nicht gemindert. Der vom Mieter gekürzte Teil der Miete stellt dann einen Mietrückstand dar, der den Vermieter u.U. zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen kann.

Häufig wurde von Vermietern bzw. den Gerichten ein Lärmprotokoll gefordert, da dies erforderlich sei, um das Ausmaß der Lärmbelästigung beurteilen zu können.

Die Anfertigung und Vorlage eines exakten Lärmprotokolls ist nicht mehr erforderlich.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass die Anforderungen an die Darlegungslast des Mieters nicht überspannt werden dürfen.

Zur Begründung einer Mietminderung muss der Mieter nur die Symptome des jeweiligen Mangels beschreiben.

Es reicht aus, wenn der Mieter bzgl. einer lärmbedingten Mietminderung folgende Tatsachen näher beschreibt:

  • Art des Lärms (z.B. Musik, Baulärm etc.),
  • Tageszeiten des Auftretens des Lärms,
  • Zeiträume der Lärmbelästigung,
  • Häufigkeit des Lärms.
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BGH VIII ZR 155/11 Bei Mietminderung wegen Lärm ist kein Lärmprotokoll erforderlich
BGH VIII ZR 155-11 Lärmprotokoll nicht e[…]
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BGH VIII ZR 226/16 Bei Mietminderung wegen Lärm ist kein Lärmprotokoll erforderlich
BGH VIII ZR 226-16 Lärmprotokoll nicht e[…]
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Mieter tragen trotzdem die volle Beweislast für die Lärmbelästigung

Der BGH hat zwar die inhaltlichen Anforderungen an die Beschreibung des Mangels gelockert – das ändert jedoch nichts daran, dass Mieter die volle Beweislast für eine behauptete Lärmbelästigung tragen.

Dieser Beweis wird i.A. nur durch Zeugen geführt werden können. Zwar kommt auch die Einholung eines Lärm-Gutachtens in Betracht. Diese Möglichkeit wird aber nur äußerst selten genutzt, da derartige Gutachten sehr kostspielig sind.

Die vom Mieter benannten Lärm-Zeugen sollten möglichst genaue und glaubhafte Angaben machen können, da meist der gesamte Ausgang des Prozesses von den Aussagen abhängt.

Um böse Überraschungen im Gerichtstermin zu vermeiden, sollte im Vorfeld genau geklärt werden, an welche Einzelheiten sich die Zeugen tatsächlich erinnern können. Fehlt es an konkreten Erinnerungen, sollte der betreffende Zeuge gar nicht erst benannt werden.

In der Praxis ist es meist kaum möglich, eine Lärmbelästigung durch Zeugen zu beweisen, da nur in seltenen Fällen immer genau dann ein Zeuge anwesend ist, wenn es gerade darauf ankommt. Dies gilt insbesondere für nächtliche Ruhestörungen. 

Weitere Rechte von Mietern bei Lärmbelästigung

Werden Mieter in ihrer Wohnung durch unzumutbaren Lärm gestört, stehen ihnen unter bestimmten Voraussetzungen neben der Mietminderung noch weitere Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

1.) Anspruch gegen den Vermieter auf Mangelbeseitigung

Wenn die Ruhestörung einen wesentlichen Mangel darstellt, ist der Vermieter verpflichtet, alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auzuschöpfen, um den Mangel zu beseitigen.

So kann bzw. muss der Vermieter z.B. einen lärmenden Mitmieter abmahnen und erforderlichenfalls kündigen, um die Ruhestörung zu beseitigen.

Befindet sich die Lärmquelle außerhalb des Hauses, muss der Vermieter sich an den Verantwortlichen bzw. Störer wenden, um ein Abstellen des Lärms zu erwirken. Notfalls muss der Vermieter gerichtliche Maßnahmen ergreifen. Dies gilt selbstverständlich nur, wenn der Lärm vermieden werden kann. Dies wird z.B. bei einer Straßenbaustelle nicht der Fall sein.

2.) Anspruch gegen den Verursacher bzw. Verantwortlichen

Von Lärm gestörte Mieter können sich auch direkt mit dem Verursacher bzw. Verantwortlichen auseinandersetzen. Dies wird in vielen Fällen der erfolgversprechendere Weg sein.

Falls der Lärm vermeidbar und abstellbar ist, kann der Störer durch ein Anwaltsschreiben zur Unterlassung aufgefordert werden. Falls dies keinen Erfolg hat, besteht die Möglichkeit einer Unterlassungsklage.

3.) Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses

Falls die Ruhestörung eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist unzumutbar machen sollte, können die betroffenen Mieter das Mietverhältnis fristlos kündigen.

VORSICHT! Dieses Mittel sollte nur angewendet werden, wenn zuvor durch einen erfahrenen Rechtsanwalt geprüft wurde, ob tatsächlich die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung vorliegen und auch bewiesen werden können. Andernfalls muss die Miete bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist weitergezahlt werden.

Tipp für Mieter:

Tipps vom Fachanwalt

Obwohl ein Lärmprotokoll nicht mehr zwingend erforderlich ist, verbessern Sie Ihre Erfolgschancen im Prozess deutlich, wenn Sie trotzdem ein exaktes Protokoll führen. Außerdem sollten Sie in jedem Fall Zeugen für die Lärmbelästigung benennen können, da Sie die volle Beweislast tragen.