Auch bei Wohnungseigentümergemeinschaften kann – ebenso wie bei natürlichen Personen – Bedarf für die Aufnahme eines Kredits entstehen.
Dies wird meist bei Sanierungs-, Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen der Fall sein.
Derartige Vorhaben gehen häufig mit Kosten einher, die so hoch sind, dass sie nicht über die Instandhaltungsrücklage oder eine Sonderumlage finanziert werden können.
Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Aufnahme eines Kredits durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft (als rechtsfähiger Verband) zulässig sein kann.
Die Wohnungseigentümer haben grundsätzlich die Kompetenz, über eine Darlehensaufnahme zu beschließen, um den Finanzbedarf der Gemeinschaft zu decken.
Sie haben jedoch nicht die Kompetenz, durch Beschluss festzulegen, dass die Wohnungseigentümer (persönlich) als Gesamtschuldner für die aus dem Kredit resultierenden Zahlungsverpflichtungen haften sollen.
Eine solche Mithaftung kann nur dadurch begründet werden, dass die betreffenden Wohnungseigentümer sich persönlich dazu verpflichten, neben der Wohnungseigentümergemeinschaft als Gesamtschuldner zu haften.
Der BGH hat weiter entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich auch die Aufnahme eines langfristigen hohen Darlehens beschließen kann.
Andernfalls könnten viele Wohnungseigentümergemeinschaften mangels Liqudität dringend erforderliche Maßnahmen überhaupt nicht durchführen, da Wohnungseigentümer häufig nicht in der Lage sind, extrem hohe Sonderumlagen zu stemmen. Zudem sind die bereits vorhandenen Instandhaltungsrücklagen oft nicht hoch genug.
Nimmt die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Darlehen auf, haftet zunächst die gesamte Gemeinschaft gegenüber der Bank als Schuldner.
Zudem sind die einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber der Bank in Höhe ihres jeweiligen Miteigentumsanteils in der Pflicht.
Hinzu kommt jedoch das Problem der Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer innerhalb der Gemeinschaft:
Können die Kreditraten nicht bedient werden, weil einzelne Wohnungseigentümer in finanziellen Nöten sind, müssen die anderen Eigentümer die so entstehende Lücke stopfen, indem sie Beträge im Wege einer Sonderumlage nachschießen.
Diese Nachschusspflicht ergibt sich aus der Verpflichtung der Wohnungseigentümer, dafür zu sorgen, dass sich die Wohnungseigentümergemeinschaft in ausgeglichenen finanziellen Verhältnissen befindet.
Da diese Nachschusspflicht dem Grunde nach unbegrenzt besteht, sind die Wohnungseigentümer (persönlich) u.U. einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt.
Dieses Risiko wird dadurch erhöht, dass bei langfristigen Krediten schwer abgeschätzt werden kann, ob sämtliche Wohnungseigentümer auch auf lange Sicht finanziell leistungsfähig bleiben werden. Hier sind die allgemeinen wirtschaftlichen Risiken von Privathaushalten zu bedenken: Krankheit, Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit etc.
Zudem ist in vielen (vor allem größeren) Wohnungseigentümergemeinschaften damit zu rechnen, dass während der Laufzeit des Kredits diverse Eigentümerwechsel stattfinden und die finanzielle Leistungsfähigkeit der künftigen neuen Wohnungseigentümer naturgemäß nicht abgeschätzt werden kann.
Aus diesem Grunde müssen bei einer langfristigen und umfangreichen Kreditaufnahme sämtliche bestehenden Risiken vor der Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung ausführlich besprochen und abgewogen werden.
Es muss sichergestellt werden, dass sämtliche Wohnungseigentümer vor der Abstimmung das aus dem Beschluss resultierende Risiko kennen und einschätzen können.
Bei dieser Abwägung spielen verschiedene Gesichtspunkte eine wichtige Rolle:
Schlussendlich muss durch die Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümerversammlung durch Beschluss über die Kreditaufnahme entschieden werden.
Hierfür genügt eine Mehrheitsentscheidung.
Einstimmigkeit oder gar Allstimmigkeit ist nicht erforderlich.
Urteil des BGH vom 28.09.2012 (V ZR 251/11)
Urteil des BGH vom 25.09.2015 (V ZR 244/14)
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